Eine Täterbiografie
„Unter meiner Leitung des Judenreferates wurde Wien eine judenfreie Stadt., [ich habe] die Judenfrage in Wien, wohl der verjudetsten Großstadt des Großdeutschen Reiches, in einwandfreier und kompromissloser Weise gelöst.“ (Karl Ebner)
Der Historiker Thomas Mang zeichnet eine der spektakulärsten Karrieren der Nazizeit nach:
Von einer Unperson entwickelte sich der Südtiroler Karl Ebner in kürzester Zeit zur grauen Eminenz der größten Gestapozentrale des Deutschen Reiches, mitverantwortlich für die Deportation und Ermordung von nahezu 50.000 Jüdinnen und Juden. Wie Eichmann, mit dem er in Wien kooperierte, von der Todesstrafe bedroht, konnte Ebner in einem der aufsehenerregendsten Prozesse der Nachkriegszeit seinen Kopf aus der Schlinge ziehen: Er hatte zur eigenen „Rückversicherung“ Kleriker, Politiker und Künstler vor der Gestapo, also vor sich selbst, gerettet. Zu 20 Jahren Haft verurteilt, aber bald begnadigt, lebte Ebner – wieder als Unperson – bis zu seinem Tod 1983 als Hausverwalter in Wien.
Die Geschichte des Wiener Judenreferenten ist einerseits paradigmatisch für den Umgang mit der braunen Vergangenheit in Österreich. Zugleich aber ist sie die Geschichte eines Individuums, in dem Arendts kontroverse Formel von der Banalität des Bösen auf erschreckende Weise noch zu kurz gegriffen scheint: Selbst das Gute scheint zuweilen nicht viel mehr als der banale Deckmantel des Bösen.
Falter
Erste umfassende Biografie eines aus Südtirol stammenden NS-Täters. Dieser heißt Karl Ebner und war für die Deportation Zehntausender Jüdinnen und Juden verantwortlich. Das hochrangige SS- und Gestapo-Mitglied kann als Schreibtischmassenmörder bezeichnet werden.
Franz Tomandl, Dimensionen, Ö1
Ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit.
Tagesschau, RAI-Sender Bozen
Thomas Mangs Buch versteht sich als Beitrag zur Erinnerungskultur.
Südtirol Heute, ORF
Ich hatte bisher von der Existenz des Herrn Karl Ebner nichts gewusst. Es gibt hoffentlich nicht viele, die sich solcherart der Gerechtigkeit entzogen haben.
Hugo Portisch
Eindrucksvoll beschreibt Mang den Weg, wie aus dem unscheinbaren Beamten Ebner ein führender Funktionär des Nationalsozialismus wurde. Besondere Erwähnung verdient die sprachliche Darstellung der Publikation. Es ist dem Autor gelungen eine akribisch recherchierte und detailreiche Geschichte als gut lesbare Erzählung zu präsentieren. Seine eingestreuten Zitate aus der Literatur, sein Interesse an der Psychologie weisen ihn als Historiker aus, der die Grenzen seiner Disziplin in interdisziplinärer Weise immer wieder ausweitet und der mit diesem Buch eine äußerst komplexe Thematik differenziert und nachvollziehbar vorstellt.
Geschichte und Region/Storia e regione, Martha Verdorfer
16,5 x 24,5 cm | 304 Seiten m. zahlr. Abb.
ISBN: 978-88-7283-464-0
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